Was für kluge Worte das doch sind, umschreiben sie doch in aller Kürze und Knappheit, wo eine der ganz großen Herausforderungen im selbständigen Verfolgen einer kreativen Karriere liegt: im Aushalten und Durchhalten der eigenen Unzulänglichkeiten auf dem beruflichen Weg zu Erfolg und Qualität.
5% Inspiration, 95% Transpiration
Es ist eine nur allzu oft ungesagte bzw. unbeschriebene Wahrheit aller kreativen Berufe: Am Anfang stehen sich der hohe Anspruch und die geringe Erfahrung als unerbittliche Gegner gegenüber. Gemeint ist damit, dass man als Kreativer zu Anfang zwar oftmals bereits sehr genau weiss, wo man hin will, jedoch der Weg zum Ziel oft steinig, dornig und letztendlich auch völlig unbekannt ist. Denn wer macht sich zu Beginn einer Karriere schon ernsthaft Gedanken über die Tatsache, dass eine hochwertige Kreativleistung nur dann als solche Bestand hat, wenn sie von anderen erkannt bzw. anerkannt wird? Wer macht sich schon wirklich Gedanken um die Tatsache, dass es in Wirklichkeit nicht darum geht, die eigenen Vorstellungen zu realisieren, sondern viel mehr darum, die anderen dazu zu bringen, die eigenen Vorstellungen als positiv wahrzunehmen und anzuerkennen. Erst wenn dieser Schritt vollzogen wurde, können die eigenen Idelae zur tatsächlichen beruflichen Realität werden. Was demnach aber
wiederum bedeutet, dass man sich als selbständiger Kreativarbeiter vielmehr um die Ansprüche anderer kümmern muss, als um die eigenen. Ein Beispiel zur Verdeutlichung: Will ich selbständig in der Kreativbranche erfolgreich werden, muss ich mich zu Anfang weit mehr um die potenziellen Kunden kümmern, als um den eigenen künstlerischen Ausdruck. wobei zweiter natürlich keinesfalls unter den Tisch fallen darf. Aber dennoch: die gekonnte Ansprache von Neukunden verlangt ein weit höheres Maß an kreativer Aufmerksamkeit, als die Vervollkommnung des eigenen Stils. Dieser tritt hier allenfalls als "kreative Handschrift" einer ansonsten relativ unkreativen Kundenbeschaffungsorganisation in Erscheinung: Kontakte machen, Daten einpflegen, Mailings entwickeln, telefonische Nachakquise, Angebote schreiben, wiederum nachfassen und... und... und... – das alles ist weit mehr Knochenarbeit als kreativer Kick.
Und hat man dann die Anerkennung, geht der Stress erst richtig los ...
Stichwort: Projektmanagement. Jeder Auftrag ist nur so gut wie seine tatsächliche Ausführung – eine unschöne, aber dennoch unumstößliche Realität. Denn genau das führt sehr oft dazu, dass ich als kreativer Foto-, Film- oder Grafikdesigner, als Texter, Konzeptioner oder Komponist oftmals zuerst mal Verantwortung für Dinge übernehmen muss, die eigentlich gar nicht zu meiner Bestimmung gehören: Terminabsprachen mit Models, Locations checken, rechtliche Recherchen in Gang bringen – wenn mal eine brauchbare Melodie oder ein ebensolcher Slogan gefunden ist. Letztendlich ist es sogar so, dass man auch für die Sauberkeit des Konferenzraums, der Küche oder gar des WCs Sorge tragen muss – zur Not sogar mal selbst – wenn beispielsweise unverhofft hoher (Kunden-)besuch ins Haus steht. Das alles verlangt – will man nicht in diesem Klein-in-klein-Trubel untergehen – eine sprichwörtlich coole Projektplanung.
Selbständig heißt "selbst" und "ständig" – das spar ich mir ...!
Zurück zu den klugen Worten unseres eingangs zitierten Fotografen: Ist es da nicht viel einfacher, den eigentlichen Fallstricken der eigenen Unzulänglichkeiten auszuweichen, in dem man die Ansprüche Dritter erfüllt? Oder anders formuliert: Kann ich nicht viel einfacher zur Qualität gelangen, wenn ich nicht selbständig arbeite, also beispielsweise in einem abhängigen Anstellungsverhältnis? Die Antwort lautet ganz klar: Jein! Denn, wer seine Dienste in die Erfüllung des Anspruchs eines anderen stellt, verfolgt grundsätzlich nun mal nicht die eigenen Vorstellungen. Was aber nicht heißt, dass sich das bei idealen Bedingungen gut kombinieren lässt. Dennoch bleibt – selbständig oder unselbständig – die Tatsache bestehen, dass viele, viele Widerwärtigkeiten auf dem Weg zur Erfüllung des eigenen Anspruchs bestehen und die Resultate der Arbeit am Ende oftmals nicht dem entsprechen, was man sich am Anfang vorgestellt hat. Egal, ob der eigene Qualitätsanspruch nun
durch ein fehlerhaftes Projektmanagement aus eigener Mache oder durch die unsinnige Vorgabe eines Vorgesetzten gelitten hat.
Das kreative Nirwana naht. Irgendwann. Mit Sicherheit.
Am Ende zählt in der Kreativbranche nur eines: Immer wieder antreten, um noch besser zu werden! Wer so die eigene Leidensfähigkeit auf dem Weg zum eigengesetzten Ziel stählt, ist auf dem richtigen Weg und wird irgendwann gut. Richtig gut.