Rainer Hellmann ist ADC-preisgekrönter Werbe-Kreativer und Fachbereichsleiter im Bereich Grafikdesign der Lazi Akademie, Esslingen. In regelmäßigen Abständen veranstaltet er im Haus semester-übergreifende Wettbewerbe im Bereich Plakatdesign zu ausgewählten Themen. Die Ergebnisse der allgemeinen Publikumsabstimmungen sind dann doch auch immer wieder überraschend und somit „ein bisschen wie das Wetter“ – hier gibt es Tiefs und Hochs. Was aber immer wieder erstaunt ist, dass die öffentlichen Bewertungen der Abgaben oft nicht mit dem Ausbildungsstand der Teilnehmer/innen einhergehen, sondern dazu führen, dass Ausbildungsanfänger/innen auf die Siegertreppchen steigen während sich die älteren Semester hinten anstellen müssen. Kann das auch daran liegen, dass zeitgemäßes Grafikdesign immer jünger werden muss, um beim Publikum zu punkten und damit zwangsläufig auch die Gestalter/innen immer jünger werden? Nils Hemme Hemmen hat bei Rainer Hellmann nachgefragt.
Unterliegt modernes Grafikdesign von Plakaten auch der Pflicht zur ständigen Erneuerung?
Ja, schon. Aber was sich auch immer wieder zeigt – früher wie heute – ist, dass die prägnanteste Aussage eines Plakats beim Publikum zieht. So war es auch wieder bei unserem jüngsten Wettbewerb, bei dem das Thema „Pestizide“ hieß. Und das galt schon immer im Plakatdesign.
Was zählt denn grundsätzlich beim Erlernen von professionellem Plakatdesign?
Man muss lernen, wie man mit den Elementen Bild, Schrift bzw. Text und Farbe gekonnt umgeht, damit die maximale Wirkung bei den Betrachtern erreicht wird.
Die jüngeren Neuzugänge in der Akademieausbildung sind ja weitaus mehr in ihrem bisherigen Leben mit Mediendesign konfrontiert worden, als die älteren. Bemerkst Du bei denen einen Vorsprung in Sachen Designkompetenz?
Nein, eher nicht. Da fallen ja auch bestimmte Dinge bei denen wieder weg wie beispielsweise das Bücherlesen, das ja nicht nur inhaltlich, sondern auch grafisch das Bewusstsein schult. Also das Design-Gespür ist zwischen den unterschiedlichen Jahrgängen absolut ausgewogen. Mit den technischen Fähigkeiten sieht’s dann schon anders aus. Da gehen die Jüngeren mit den digitalen Medien oft schon erstaunlich erfahren um.
Wettbewerbe – warum sind die in der Ausbildung wichtig?
Das motiviert natürlich die Leute, wenn die ihre Designs prämiert bekommen. Was ich aber auch mit den Wettbewerben erreichen möchte ist, dass die sich um so aktuelle Themen wie „Pestizide“ kümmern müssen und sich damit auseinandersetzen. Das schult wenn man so will gleich auch noch das Allgemeinwissen. Darüber hinaus sind Wettbewerbe in der Ausbildung natürlich auch die Steilvorlage fürs spätere Berufsleben. Weil im Bereich Werbegrafikdesign früher wie heute Wettbewerbe an der Tagesordnung sind.
Wie laufen an der Lazi Akademie die Vorbereitungen für Wettbewerbe ab?
Also im Prinzip arbeiten alle ganz eigenständig an ihren Ideen. Natürlich berate ich diejenigen, die kommen und Fragen zu ihren Entwürfen haben. Aber Beratungszwang gibt’s hier nicht. Der Publikums-Entscheid zeigt den Jungdesignerinnen und -designern, ob sie den Nerv des Publikums getroffen haben oder ob nicht.
Das klingt alles sehr frei und ungezwungen. Aber die Wettbewerbsbeiträge werden von Dir schon auch benotet, oder?
Ja, die Teilnahme an den Wettbewerben ist Pflicht.
Und Deine persönlichen Bewertungen stimmen mit den Ergebnissen der Publikumsabstimmung überein – oder gibts da auch mal Abweichungen?
Da gibt’s schon auch mal Abweichungen beispielsweise, wenn ein Thema nicht ganz richtig verstanden wurde, das Design beim Publikum aber dennoch gepunktet hat, weil denen das eigentliche Thema nicht so wichtig war. Oder auch, wenn die Prägnanz in der Aussage des Plakats fehlt. Auf so etwas lege ich eben manchmal größeren Wert als das Publikum. Aber im Großen und Ganzen stelle ich eigentlich immer wieder fest, dass meine Einschätzung und die der Abstimmungsteilnehmer weitestgehend übereinstimmen.
Die Platzierungen des jüngsten Plakatdesign-Wettbewerbs „Pestizide“ lauten: